3.3 Abwehrsystem

3.4 Abwehrsystem

Um zu überleben muss sich jedes Leben, vom Einzeller bis zu uns Menschen auf vielfältige Weise schützen bzw. zur Wehr setzen können,

  • sei um sein Leben zu erhalten durch Nahrungsaufnahme oder Nutzung von Energie,
  • oder durch den Schutz vor Feinden oder Naturgewalten.

 

Ein Schutz vor Umweltgefahren und Feinden wird bereits bei den ersten Lebensformen überlebenswichtig gewesen sein. Einzeller, die die Umwelt nicht über Rezeptoren wahr nahmen, wurden zerdrückt, starben durch zu große Wärme (Hitze) oder verloren die Nahrungsquelle.

Eine fehlende Fähigkeit sich zu schützen dürfte mit ursächlich für eine natürliche Selektion gewesen sein, wer die Gefahr nicht erkannte oder ihr nicht ausweichen konnte verlor sein Leben. Nur die Lebensformen überlebten und konnten ab einer bestimmten Entwicklungsstufe ihre Erbinformationen weiter geben, die sich Gefahren entziehen oder sich ihrer erwehren konnten.

Leben, das heißt wachsen, vermehren und auch verdrängen um selber bessere Überlebenschancen für sich und seine Nachkommen und damit die eigene Art zu haben. Das am besten angepasste Leben setzt sich durch und bestimmt die Zukunft.

Um eine Gefahr zu erkennen, musste diese Gefahr allerdings auch wahr genommen werden können. Dazu diente u.a. die Ausbildung von einfachsten Sinnesrezeptoren wie z.B. Temperatur- oder Druckfühlern. Wichtig war auch die Fähigkeit sich aus einem Gefahrenkreis zurück ziehen zu können, wozu bei Einzellern z.B. Geißeln dienen.

Zusammen gefasst bedeutet Überleben:

  • die Fähigkeit Gefahren zu erkennen,
  • die Fähigkeit sich einer Gefahr zu entziehen,
  • sich z.B. gegen Fraßfeinde zur Wehr setzen zu können.

 

Viren haben diese Möglichkeiten nicht. Damit ihre Art überlebt, müssen sie sich in größtmöglicher Anzahl reproduzieren (vermehren). Bakterien sollen sich etwa alle 20 Minuten teilen können. Daraus kannst du ableiten, dass eine von Bakterien befreite Arbeitsfläche nur von kurzer Dauer bakterienfrei ist.

Für alle Lebensformen gilt, je verletzlicher der Körper/die Zelle einer Art ist, desto größer muss sein Schutz ausgebildet sein.

Und hier hat vielzelliges Leben einen sehr großen Überlebensvorteil, indem sich Zellen so spezialisieren, dass einige

  • der passiven Abwehr dienen wie z.B. die Zellen unsere äußere Haut und
  • andere Zellarten aktiv die krankmachenden Eindringlinge vernichten.

 

So wie wir heute Nahrung in Form anderen Lebens aufnehmen,

  • wobei sich diese Lebewesen, seien es Pflanzen, Pilze oder Tiere mehr oder weniger dagegen zu wehren versuchen, dass wir sie töten und Teile ihres Körper nutzen um Nahrung und Energie zu gewinnen
  • oder  Teile ihres Körpers (Moleküle) in unseren Körper einzubauen,

so dürften auch bei den ersten Lebensformen die Selektion die Fähigkeiten gefördert haben, Möglichkeiten zu entwickeln den eigenen Körper zu schützen. Als ein Teil dieser Entwicklung entwickelten sich die ersten Abwehrmechanismen.

Während manche Einzeller andere Einzeller phagozytieren (aufnehmen) konnten, war die Aufnahme eines Mehr- oder Vielzeller schwieriger, weil die Einzeller zu groß waren und die Zellen der Vielzeller so fest miteinander verbunden waren, dass sie schwierig aus dem Zellverband herauszulösen waren.

So entwickelten sich bei den „Räubern“ wie bei den Angegriffenen immer neue Angriffs- und Abwehrmechanismen, wobei viele Arten gleichzeitig Räuber wie Angegriffenen sind. Wir Menschen werden von Säugern, Bakterien, Viren usw. angegriffen und greifen Pflanzen und bestimmte Tiere an, die uns als Nahrung dienen.

 

Man kann das in etwa mit der Entwicklung der Kriegswaffen vergleichen. Besaßen die Menschen vor 10.000 Jahren noch ihre Keulen und Pfeile, so kamen im Mittelalter neben Kanonen auch der Schutz in Form von Rüstungen dazu. Heute ist das Waffenarsenal um ein Vielfaches komplexer aber auch die Fähigkeit sich zu schützen. Der Vergleich hinkt jedoch, weil unser körpereigenes Abwehrsystem um ein Vielfaches komplexer ist als jedes bisher erdachte Kriegsmaterial.

 

Existenzbedrohende Gefahren

Das Leben der heutigen Vielzeller ist von vielfälligen Gefahren bedroht, sei es

Außerhalb des Körpers

  • durch physikalische Einflüsse – z.B. durch übermäßige Wärme (Verbrennung), Druck (Quetschung), Säuren (Verätzungen) usw..
  • durch andere Arten die andere Individuen vertreiben oder töten wollen.

Innerhalb oder auf unserem Körper

  • Bakterien, Viren, Pilze, Würmer usw..

 

Wenn wir davon ausgehen, dass alles Leben sich aus einfachsten Strukturen und über Milliarden von Jahren immer weiter entwickelt hat, dann schließt dieser Ansatz mit ein, dass auch die Abwehr gegen äußere Feinde und die, die in unseren Körper eingedrungen sind, sich immer weiter und effizienter entwickelt hat.

Auch wenn es den moralischen und ethischen Grundsätzen unserer heutigen westlichen Gesellschaftsform teilweise entgegengesetzt ist, Evolution bedeutet auch, sich gegen Gefahren zu schützen, sei es passiv durch Flucht oder aktiv durch Verteidigung oder Angriff. Evolution bedeutet sich durchzusetzen, anderes Leben zu Gunsten des eigenen Lebens und seiner Verbreitung zu verdrängen oder zu töten.

 

Entwicklung der Abwehr

Bei den ersten Vielzellern hat sich möglicherweise zuerst eine die äußeren Zellschicht gebildet, die sich zu einer robusten Außenhaut entwickelt hat. Diese Außenhaut bildete eine Barriere für fremde Zellen. Mit der fortschreitenden Entwicklung der Vielzeller entstanden erste Körperöffnungen durch die sie zwangsläufig neben der Nahrung und dem Sauerstoff auch die darin enthaltenen Krankheitskeime aufnahmen. So wurde es neben einer äußeren Schutzschicht notwendig auch im Körperinnern eine Abwehrfront zu entwickelt.

 

Der inneren Abwehrfront dienen heute u.a.

  • Die Schleimhäute,
  • Organe wie das Knochenmark, in dem alle Abwehrzellen gebildet werden und teilweise heranreifen,
  • der Thymus, in dem bestimmte Abwehrzellen (T-Lymphozyten) heranreifen,
  • der Darm, wobei die in ihm gespeicherten Bakterien von manchen Wissenschaftlern als ein Organ angesehen werden, das nicht nur der Aufspaltung von Nahrung sondern auch der Abwehr anderer Einzeller dienen.

 

Verschiedene Abwehrmechanismen

Verschiedene Lebensformen haben verschiedene Abwehrmechanismen entwickelt (eine kurze beispielhafte Aufzählung). Dabei unterscheiden wir zwischen einer passiven und aktiven Abwehr.

Zur aktiven Abwehr der einzelnen Lebensformen gegen äußere Feinde zählen bei:

Bakterien

  • endogene oder exogene Gifte – das sind Gifte, die innerhalb des Körper deponiert sind (endogen) oder von dem Bakterium abgegeben werden (exogen),

Pilze

  • die Bildung von Giften wie das von einem Schimmelpilz gebildete Penicillin (ein Antibiotikum), das ein Enzym hemmt, das dem Aufbau der Zellwand eines Bakteriums dient. Andere Pilze wie z.B. der grüne Knollenblätterpilz, bilden einen für die Leber toxischen Stoff wie Amantin die die Proteinsynthese hemmt, was zum Zelltod führt.

 

Pflanzen

  • die Bildung von Giften, die sie vor Fraßschutz bewahren sollen (u.a. Alkaloide, Morphin, Nicotin, Strychnin). Viele dieser Pflanzengifte dienen heute in der Pharmakologie der Herstellung von Medikamenten (u.a. Atropin, Glykoside, Morphin).
  • Rinde
  • Stacheln

Tiere

Je nach Art haben die tierischen Arten eine Vielzahl an Abwehrmaßnahmen gegenüber äußeren Feinden entwickelt. Nachfolgend eine kleine Auswahl davon:

  • Sie haben wie Pflanzen (Rinde) eine Haut gebildet, die das Eindringen in den Körper von außen be- oder verhindert. Bei manchen hat sich während er Evolution einen Panzer entwickelt.
  • Extremitäten um sich fort zu bewegen (Arme, Beine, Flügel usw.), die aber auch dazu dienen können sich zu wehren.
  • Eine Reihe produzieren Gifte, die sie vor Fraßfeinden schützen sollen, wie Vogelspinnen, Schlangen, Insekten usw..
  • Manche haben Stacheln ausgebildet wie Igel.
  • Andere Hörner oder Geweihe, die nicht nur der Abwehr sondern auch dem Durchsetzen (Angriff) dienen. Außerdem können sie die Stärke zeigen und damit der Fortpflanzung dienen.

 

Menschen

Unser menschlicher Körper hat weder Stacheln ausgebildet, noch produzieren Zellen in unserem Körper Gifte zur Abschreckung. Dafür haben unsere Vorfahren eine Form der aktiven Abwehr entwickelt, indem sie statt Stacheln zu besitzen Speere geformt und später Schwerter geschmiedet haben. Auch bedienen wir uns gerne der Abwehrstoffe anderer Arten, z.B. indem wir deren Gifte analysieren und ausprobieren, ob und in welcher Dosis sie uns helfen könnten, sowohl gegen andere Tiere (z.B. Pfeilgifte von indigenen Völkern) oder gegen die Mikroorganismen.

Gegen Feinde, die durch unsere Körperöffnungen (oder Wunden) in unseren Körper gelangen, hat sich wie bei allen höheren Arten im Laufe von hunderten von Jahrmillionen ein inneres Abwehrsystem entwickelt, dass wir Immunsystem nennen.

Das Immunsystem hat sich bei den jeweiligen Säugetierarten eigenständig weiter entwickelt, was wir daran erkennen, dass an bestimmten Erregern nur bestimmte Arten von Säugern erkranken. Das kann man damit begründen, dass sich an den Zelloberflächen von bestimmten Zellen nur bestimmte Viren anlagern können. Auch besteht die Möglichkeit, dass spezifische Abwehrmechanismen vererbt werden, so wie bei anderen Arten die Fähigkeit Gifte zu bilden oder bei Menschen die Fähigkeit gegen bestimmte Gifte immun zu sein, was vererbt werden kann.

Das Immunsystem dient nicht nur der Abwehr von eingedrungenen Krankheitserregern, sondern auch der Entsorgung von körpereigenen Zellen die z.B. entartet sind.

Unser Immunsystem ist also wie eine Art innere Ordnungskraft zu verstehen, die dafür Sorge trägt, dass der Organismus „Körper“ seine „Funktion“ ordnungsmäßig erfüllen kann.

 

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